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FLYER Bailando en Soledad Tango wieder im Apollo Variete DĂĽsseldorf! (Archiv 2006) |
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TEXT Marianne Kolarik für den Kölner Stadtanzeiger (Archiv 2006) |
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VON MARIANNE KOLARIK
Wie kommt eine Düsseldorferin auf eine argentinische Briefmarke? Ganz einfach, indem die dortige Post die typischste Tango-Tänzerin des Landes auswählt. Bis der 1963 in Düsseldorf geborenen Nicole Nau im Jahr 2001 eben diese Ehre widerfuhr, hat sie einen weiten Weg voller Abzweigungen und Umleitungen zurück gelegt. Während sie davon erzählt, unterstreicht sie die Sätze mit weichen, ausdrucksvollen Gesten - Arme und Hände formen Figuren in die Luft. Und sie hat viel zu erzählen. Zum Beispiel von ihrer behüteten Kindheit in Oberkassel, von dem Wunsch, Ballett-Stunden zu nehmen, der nicht in Erfüllung ging. Statt lernte sie reiten. Später wollte sie bildende Künstlern werden. Aber nach dem Abitur überfielen sie plötzlich Zweifel: "Wie soll ich mich als freie Künstlerin ernähren". Deshalb entschied sie sich für eine Ausbildung zur Grafikerin und stieg in einer renommierten Werbeagentur ein. "Das war die schlechteste Entscheidung, die ich treffen konnte, weil die Grafik mir die Kunst kaputt gemacht hat. Irgendetwas in mir wurde ganz unruhig".
Um diese Unruhe los zu werden, belegte sie einen Jazz-Dance-Kurs. Das half nur bedingt. Schicksal spielte ein Flyer, auf dem für die Aufführungen des "Tango Argentino" in München geworben wurde. Man schrieb das Jahr 1988. Sie fuhr in die bayerische Landeshauptstadt, guckte sich die Show an - und war augenblicklich verzaubert. Dass ein gewisser Luis Pereyra, der zur Compagnie gehörte, später ihr Partner werden würde, konnte sie nun wirklich nicht ahnen. Am darauf folgenden Tag besorgte sie sich ein Ticket nach Argentinien.
Im Dezember landete sie in dem großen lateinamerikanischen Land und war zunächst maßlos enttäuscht. "Der Tango war wie ausgestorben", erzählt sie. "Ich habe sehr lange suchen müssen, um einen Lehrer zu finden". Der Grund: "Tango Argentino" hatte mit seinem Gastspiel das Tango-Fieber weltweit entfacht, in seiner Heimat waren allerdings nur noch Relikte vorhanden. Nach sechs Wochen musste sie zurück in die Werbeagentur - und nahm nebenher klassischen Ballett-Unterricht: "Ich stand zwischen den kleinen Mädchen, das war mir schon peinlich". Ein Jahr später hing Nicole Nau ihren Job an den Nagel, löste ihre Wohnung auf, holte ihre Ersparnisse vom Konto und zog nach Argentinien. Sie hatte Glück und bekam bei einem Casting für eine Oper die Rolle einer Tango-Tänzerin, weil sie einer der Sängerinnen ähnlich sah, die sie doubeln sollte.
In den ersten Jahren habe sie genau wie die meisten anderen Tango-Tänzer das Klischee von dessen Verruchtheit bedient: Kaschemme, Rotlichtmilieu, Strapse, Macho, Weib: "Diese Klischees konnte ich hervorragend bedienen". Dabei seien die Argentinier ein so fröhliches wie h überschäumendes Volk. Die häufig zitierte Melancholie, Trauer oder Bitterkeit lehnt sie ab: "Das sind Schlagworte, die treffen vielleicht für die Texte und den Gesang zu, weil man sich das Leid von der Seele singen kann. Aber eine Person, die tanzt, leidet nicht, sondern lebt. Der Tango ritualisiert die Begegnung von Mann und Frau - wie alle anderen Folklore-Tänze". Er habe es nicht verdient, als billige Anmache missbraucht zu werden.
Als Ausländerin gab es zwar den Exoten-Bonus was die Reaktionen der Presse anging, aber auch Minus-Punkte: "Die Kollegen lassen sich von einer Deutschen nicht gerne die Butter vom Brot nehmen". Der Neid-Faktor verschwand erst, als man begriff, dass sie mit ihren Tanz-Projekten auch Arbeitsplätze schuf. Im Jahr 2000 produzierte sie mit meinem damaligen Partner eine Tango-Oper für das Nederlands Dance Festival in Holland auf der Basis einer argentinischen Adaption von Sophokles' "Elektra". Dafür engagierten sie einen Tänzer. Der Mann hieß Luis Pereyra, ihr heutiger Lebens- und Tanzpartner, der ihr später die kulturellen Wurzeln seines Landes nahe bringen sollte.
Über 200 verschiedene folkloristische Tänze existieren in Argentinien - der Tango ist einer davon. Pereyra beherrscht sie alle - weil er seit seinem fünften Lebensjahr nichts anderes gemacht hat, als zu tanzen. Mit zehn Jahren stand er zum ersten Mal auf der Bühne. "Durch ihn habe ich gemerkt, wie wenig ich eigentlich konnte", meint Nicole Nau im Rückblick. Und beginnt von ihm wie eine 15-jährige zu schwärmen. "Für mich ist er der Nonplusultra-Tänzer. Wenn ich mir große Tänzer wie Barishnikow, Antonio Gades oder Fred Astaire anschaue finde ich etwas Ähnliches bei Luis im Bereich des Tangos und des populären Tanzes. Er sieht sich als Instrument, das Musik sichtbar macht."
Pereyra sei der einzige Tänzer, der ein Choreografie-Studium abgelegt habe, fügt sie hinzu. Auf der Bühne bilden sie eine Einheit: Dabei gibt es beim Tango eine klare Rollenaufteilung: Er führt, gibt den Einsatz, den Impuls. "Viele Frauen assoziieren damit Unterwürfigkeit", weiß Nicole Nau. Das sei aber grundverkehrt. Der Mann tanze immer in ihre Bewegungen hinein.Tango tanzen zu lernen sei ein bisschen, als ob man sich eine Sprache aneigne. Wenn man sie nur auswendig lerne, ohne die Grammatik zu beherrschen, könne man die Worte nicht frei miteinander kombinieren und schon gar keine Gefühle ausdrücken. Beim Tango gebe es noch nicht einmal zehn Elemente, die man können muss, um unendlich viele Figuren damit zu kreieren.
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2003 waren sie zum ersten Mal auf Deutschland-Tournee. Sechs Wochen waren geplant, es wurden acht Monate daraus. Ihre dritte gemeinsame Produktion, mit der sie nun in Deutschland, den Niederlanden und Ă–sterreich auf Tournee gehen, heiĂźt "Bailando en soledad... Tango!" - "Tanzen in Einsamkeit", eine Einsamkeit, die das Paar miteinander teilt.
<ma813>Nau/Pereyra treten vom Fr 1. bis Di 5. Sept. um 20.15 Uhr, im Senftöpfchen-Theater auf.
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PRESS Der Fotograf Guido Gayk begleitet Nicole Nau & Luis Pereyra (Archiv 2006) |
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Guido Gayk fotografiert die Produktion Bailando en Soledad ...Tango! und hält diese Produktion in Foto und Film fest.
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Das mit der Briefmarke war eigentlich ein Missverständnis. Den 100.
„Geburtstag“ des Tango wollte die argentinische Post im Jahr 2001 feiern
und dies mit einer prominenten Tänzerin bebildern. Ausgewählt wurde
Nicole Nau. „Ausgerechnet eine Ausländerin als Repräsentantin des
Tango!“, amüsiert sich die Düsseldorferin noch heute. Dass man diese
Tatsache einfach ĂĽbersehen hatte, erfĂĽllt sie zu Recht mit Stolz. Sich
diese Anerkennung im Mutterland des Tango ertanzt zu haben - das
bedeutet schließlich zunächst einmal unermüdliches Lernen, blutige Füße,
Tränen. Durchhalten, trotz der Anfeindungen und Eifersüchteleien, die
ihr als Ausländerin von Seiten der professionellen Kollegen zunächst
entgegenschlugen. „Bis sie merkten, dass ich ihre Kultur respektiere und
am selben Hungertuch nage“, lächelt die Tänzerin.
Zart, beinahe
zerbrechlich wirkt sie im Gespräch. Wieviel Energie in ihr steckt,
merkt man erst, wenn sie tanzt. MĂĽhelos schafft sie es, mit ihrer
Präsenz eine große Bühne zu füllen. Eine solche Energie entsteht nur da,
wo echte Leidenschaft brennt. Und die war entflammt, als Nicole Nau zum
ersten Mal die Show „Tango Argentino“ sah. 1988 in München war das,
Nicole war 25 Jahre alt und wusste: „Das ist es“. Nicht ahnen konnte sie
damals allerdings, dass 13 Jahre später einer der Tänzer, den sie da
auf der BĂĽhne gesehen hatte, ihr Tanz- und Lebenspartner werden sollte:
Luis Pereyra. Die 25-Jährige packte ihre Koffer, gab ihren Job als
Grafikerin in einer groĂźen DĂĽsseldorfer Werbeagentur auf und flog nach
Argentinien. Tanzen lernen wollte sie, „solange das Ersparte reicht“. Es
wurde ein neues Leben daraus.
„Ein anderes kann ich mir nicht
mehr vorstellen“, sagt sie heute. Dabei ist es ein knallharter Job, vom
Tanzen zu leben. Nur wenige in Buenos Aires haben das geschafft, ohne
Kellnern oder Taxifahren nebenbei. In den vergangenen zehn Monaten
standen Nicole Nau und Luis Pereyra gemeinsam bis zu viermal täglich auf
der Bühne im Viejo Almacén, einem der ältesten Tangohäuser der Stadt.
Dazu die Proben für die zweite eigene Show , „Bailando en Soledad . . .
Tango!“ („Tanzen in Einsamkeit“), die am 26. August in Remscheid
Premiere feiert und anschlieĂźend durch Deutschland, Holland und
Österreich tourt. „In der ganzen Zeit hatten wir sechs Tage frei“,
erzählt die Tänzerin. Ihre kostbaren grünen Augen funkeln dabei. Von
Erschöpfung scheinbar keine Spur. Zu wichtig sind die eigenen Projekte,
mit denen sich die beiden einen Traum verwirklicht haben. Bevor sie
für ihre erste eigene Show „El sonido de mi tierra - personalissimo“
(„Der Klang meiner Erde“) ihre ganzen Ersparnisse plünderten, war Luis
mit so ziemlich allen groĂźen Tango-Shows um die Welt getourt. Und hatte
deren Oberflächlichkeit gründlich satt. „Es wird immer wieder das
gleiche Klischee verkauft“, sagt er. Das Spiel mit dem Schlüpfrigen,
Spelunken-Romantik, Pseudo-Erotik, gespielte Leidenschaft, virtuose
Effekte, falsches Pathos. „Die Seele des Tango geht dabei verloren“,
klagt er, eine Spur von Zorn in der Stimme. „Tango ist vor allem Tanz,
ist Ausdruck von Musik - und nicht Philosophie des Lebens“, wehrt sich
Pereyra auch gegen das schöne Klischee vom „traurigen Gedanken, den man
tanzen kann“.
FĂĽr ihn hat der Tango viele Facetten. Energie,
Freude, spielerische Leichtigkeit gehören genauso dazu wie die dunkleren
Töne. Auch eine gewisse Erdverbundenheit, die sich aus folkloristischen
Elementen speist. Tango und Folklore sind für den 41-Jährigen keine
Widersprüche: „Der Tango ist ja ein Tanz des Volkes“. Luis ist mit
Folklore groĂź geworden, tanzt seit seinem fĂĽnften Lebensjahr. Ihn tanzen
zu sehen, ist ein Naturereignis. Musik, Bewegung, Rhythmus verschmelzen
bei ihm zu vollkommener Einheit. Leidenschaft pur.
In ihrer
ersten eigene Show „El sonido de mi tierra - personalissimo!“, mit der
Nau und Pereyra im vergangenen Jahr in Europa groĂźe Erfolge feierten,
haben sie erstmals beides zusammengebracht, den Tango und die Folklore.
„Auch in unserer neuen Show bleibt das ein wichtiges Element“, verrät
Nicole Nau. Wobei sie das Wort „Show“ nur ungern in den Mund nimmt. „Es
ist mehr ein richtiges Stück geworden, das eine Geschichte erzählt“,
verrät sie. Um „Show“-Effekte geht es ihnen nicht. Vielmehr darum,
Tangos aus verschiedenen Epochen wieder zum Leben zu erwecken, ihnen
Seele einzuhauchen und ihre Faszination wieder spĂĽrbar zu machen. Und
das geschieht eher mit kleinen Gesten. Vor allem aber durch die
Leidenschaft und Innigkeit, mit der die beiden tanzen. Auch wenn das
StĂĽck komplett durchchoreografiert ist, auch wenn sie es vor dem
Tourstart 60 Mal geprobt haben, „es wird jedesmal neu gelebt“, sagt
Nicole Nau. Ihre Show, ihr StĂĽck soll mehr sein als ein weiterer
Tango-Export-Artikel. „Wir kämpfen für eine Kultur“, sagt Luis mit
dieser Art von selbstverständlichem Stolz, von dem der durchschnittliche
Mitteleuropäer nur träumen kann. Mit dieser Auffassung stehen Luis
Pereyra und Nicole Nau in der Tango-Szene ziemlich allein da. Und so
tanzen sie weiter, voller Leidenschaft, aber in Einsamkeit - bailando en
soledad.
-> „Bailando en Soledad ... Tango!“ Die Termine:
26. August, Remscheid, Teo Otto Theater (UrauffĂĽhrung) 1.-5.
September, Köln, Senftöpfchen 7. 9., Soest, Alter Schlachthof 8.
9. Wuppertal, Rex-Theater 11. 9./ 30.10., Düsseldorf, Apollo-Varieté Karteninfo
unter: 0221/ 550 43 15
-> Bis Ende des Jahres geben Nicole
und Luis jeden Montagabend Workshops in der „Alten Feuerwache“
Wuppertal. Einzelstunden in Mönchengladbach können nach Absprache
gebucht werden (0162/ 6 94 47 21). Infos: www.tangofolklore.com
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TEXT UrauffĂĽhrung Bailando en Soledad...Tango! (Archiv 2006) |
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Presse-Information zur Uraufführung „Bailando en Soledad - Tango!“ Samstag, 26. August, 19.30 Uhr, Teo Otto Theater
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PRESSEMITTEILUNG ׀ 21. August 2006 ׀ Kurzfassung
Uraufführung „Bailando en Soledad – Tango!“ am 26. August im Teo Otto Theater der Stadt Remscheid
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