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Fotos Tangofolklore

TEXT Marianne Kolarik für den Kölner Stadtanzeiger
 
Geschrieben von Tangofolklore am Montag, 04. September 2006

Archiv 2006

VON MARIANNE KOLARIK

 

Wie kommt eine Düsseldorferin auf eine argentinische Briefmarke? Ganz einfach, indem die dortige Post die typischste Tango-Tänzerin des Landes auswählt. Bis der 1963 in Düsseldorf geborenen Nicole Nau im Jahr 2001 eben diese Ehre widerfuhr, hat sie einen weiten Weg voller Abzweigungen und Umleitungen zurück gelegt. Während sie davon erzählt, unterstreicht sie die Sätze mit weichen, ausdrucksvollen Gesten - Arme und Hände formen Figuren in die Luft. Und sie hat viel zu erzählen. Zum Beispiel von ihrer behüteten Kindheit in Oberkassel, von dem Wunsch, Ballett-Stunden zu nehmen, der nicht in Erfüllung ging. Statt lernte sie reiten. Später wollte sie bildende Künstlern werden. Aber nach dem Abitur überfielen sie plötzlich Zweifel: "Wie soll ich mich als freie Künstlerin ernähren". Deshalb entschied sie sich für eine Ausbildung zur Grafikerin und stieg in einer renommierten Werbeagentur ein. "Das war die schlechteste Entscheidung, die ich treffen konnte, weil die Grafik mir die Kunst kaputt gemacht hat. Irgendetwas in mir wurde ganz unruhig".

 

Um diese Unruhe los zu werden, belegte sie einen Jazz-Dance-Kurs. Das half nur bedingt. Schicksal spielte ein Flyer, auf dem für die Aufführungen des "Tango Argentino" in München geworben wurde. Man schrieb das Jahr 1988. Sie fuhr in die bayerische Landeshauptstadt, guckte sich die Show an - und war augenblicklich verzaubert. Dass ein gewisser Luis Pereyra, der zur Compagnie gehörte, später ihr Partner werden würde, konnte sie nun wirklich nicht ahnen. Am darauf folgenden Tag besorgte sie sich ein Ticket nach Argentinien.

 

Im Dezember landete sie in dem großen lateinamerikanischen Land und war zunächst maßlos enttäuscht. "Der Tango war wie ausgestorben", erzählt sie. "Ich habe sehr lange suchen müssen, um einen Lehrer zu finden". Der Grund: "Tango Argentino" hatte mit seinem Gastspiel  das Tango-Fieber weltweit entfacht, in seiner Heimat waren allerdings nur noch Relikte vorhanden. Nach sechs Wochen musste sie zurück in die Werbeagentur - und nahm nebenher klassischen Ballett-Unterricht: "Ich stand zwischen den kleinen Mädchen, das war mir schon peinlich". Ein Jahr später hing Nicole Nau ihren Job an den Nagel, löste ihre Wohnung auf, holte ihre Ersparnisse vom Konto und zog nach Argentinien. Sie hatte Glück und bekam bei einem Casting für eine Oper die Rolle einer Tango-Tänzerin, weil sie einer der Sängerinnen ähnlich sah, die sie doubeln sollte.

 

In den ersten Jahren habe sie genau wie die meisten anderen Tango-Tänzer das Klischee von dessen Verruchtheit bedient: Kaschemme, Rotlichtmilieu, Strapse, Macho, Weib: "Diese Klischees konnte ich hervorragend bedienen". Dabei seien die Argentinier ein so fröhliches wie h überschäumendes Volk. Die häufig zitierte Melancholie, Trauer oder Bitterkeit lehnt sie ab: "Das sind Schlagworte, die treffen vielleicht für die Texte und den Gesang zu, weil man sich das Leid von der Seele singen kann. Aber eine Person, die tanzt, leidet nicht, sondern lebt. Der Tango ritualisiert die Begegnung von Mann und Frau - wie alle anderen Folklore-Tänze". Er habe es nicht verdient, als billige Anmache missbraucht zu werden.

 

Als Ausländerin gab es zwar den Exoten-Bonus was die Reaktionen der Presse anging, aber auch Minus-Punkte: "Die Kollegen lassen sich von einer Deutschen nicht gerne die Butter vom Brot nehmen". Der Neid-Faktor verschwand erst, als man begriff, dass sie mit ihren Tanz-Projekten auch Arbeitsplätze schuf. Im Jahr 2000 produzierte sie mit meinem damaligen Partner eine Tango-Oper für das Nederlands Dance Festival in Holland auf der Basis einer argentinischen Adaption von Sophokles' "Elektra". Dafür engagierten sie einen Tänzer. Der Mann hieß Luis Pereyra, ihr heutiger Lebens- und Tanzpartner, der ihr später die kulturellen Wurzeln seines Landes nahe bringen sollte.

 

Über 200 verschiedene folkloristische Tänze existieren in Argentinien - der Tango ist einer davon. Pereyra beherrscht sie alle - weil er seit seinem fünften Lebensjahr nichts anderes gemacht hat, als zu tanzen. Mit zehn Jahren stand er zum ersten Mal auf der Bühne. "Durch ihn habe ich gemerkt, wie wenig ich eigentlich konnte", meint Nicole Nau im Rückblick. Und beginnt von ihm wie eine 15-jährige zu schwärmen. "Für mich ist er der Nonplusultra-Tänzer. Wenn ich mir große Tänzer wie Barishnikow, Antonio Gades oder Fred Astaire anschaue finde ich etwas Ähnliches bei Luis im Bereich des Tangos und des populären Tanzes. Er sieht sich als Instrument, das Musik sichtbar macht."

 

Pereyra sei der einzige Tänzer, der ein Choreografie-Studium abgelegt habe, fügt sie hinzu. Auf der Bühne bilden sie eine Einheit: Dabei gibt es beim Tango eine klare Rollenaufteilung: Er führt, gibt den Einsatz, den Impuls. "Viele Frauen assoziieren damit Unterwürfigkeit", weiß Nicole Nau. Das sei aber grundverkehrt. Der Mann tanze immer in ihre Bewegungen hinein.Tango tanzen zu lernen sei ein bisschen, als ob man sich eine Sprache aneigne. Wenn man sie nur auswendig lerne, ohne die Grammatik zu beherrschen, könne man die Worte nicht frei miteinander kombinieren und schon gar keine Gefühle ausdrücken. Beim Tango gebe es noch nicht einmal zehn Elemente, die man können muss, um unendlich viele Figuren damit zu kreieren. 

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2003 waren sie zum ersten Mal auf Deutschland-Tournee. Sechs Wochen waren geplant, es wurden acht Monate daraus. Ihre dritte gemeinsame Produktion, mit der sie nun in Deutschland, den Niederlanden und Österreich auf Tournee gehen, heißt "Bailando en soledad... Tango!" - "Tanzen in Einsamkeit", eine Einsamkeit, die das Paar miteinander teilt.

 

<ma813>Nau/Pereyra treten vom Fr 1. bis Di 5. Sept. um 20.15 Uhr, im Senftöpfchen-Theater auf.

 

 



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